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Inhalt
1 SW-Filme eintesten
1.1 Das klassische Verfahren
1.2 Einsatz des Splitgrade Controllers
1.2.1 Einfaches Verfahren
1.2.2 Splitgrade als Ersatz für ein Durchlichtdensitometer
1.3 Praktische Durchführung
1.3.1 Belichten
1.3.2 Entwickeln
1.3.3 Auswertung
1.3.4 Praxis
1.3.5 Beispiel 1: APX100 - R09 1+50
1.3.6 Beispiel 2: APX100 - Rodinal 1+50
1.3.7 Bemerkung
1.4 Schlußbetrachtung
2 Literatur und Links
3 Anhang – Tabellen und weiteres Beispiel
3.1 Erläuterungen zur Excel-Tabelle: 1
3.2 Beispiel 3: APX400 in Microdol-X 1+3 1
1 SW-Filme eintesten
Verwendung eines geeigneten Laborbelichtungsmessers unter besonderer Berücksichtigung des Heiland Splitgrade Controller oder eines Densitometers
Am Beispiel des Heiland Splitgrade Controllers wird beschrieben, wie man mit Hilfe eines Laborbelichtungsmessers mit lgD-Anzeige seine Schwarz-Weiß-Filme eintesten kann.
Das im Folgenden beschriebene Verfahren kann natürlich auch für das Eintesten einer Film-/Entwicklerkombination mit Hilfe eines Densitometers verwendet werden. Unter [1a] ist sogar beschrieben, wie man einen Laborbelichtungsmesser ohne lgD-Anzeige so modifizieren kann, daß dieser für das Eintesten von Filmen geeignet ist.
Der Splitgrade Controller bietet, wenn man ihn richtig einsetzt, für das Eintesten von Filmen eine große Hilfe. Ein solches Eintesten hat sogar den Vorteil, daß hier die individuelle Dunkelkammerausstattung gleich bei der Messung mitberücksichtigt wird. Es bringt aber auf der anderen Seite eine Reihe zusätzlicher Fehlerquellen für die Messungen.
Ein individuelles Eintesten einer Film-/Entwicklerkombination ist ab einem bestimmten Optimierungslevel unverzichtbar, da erst dann die individuelle Ausrüstung und Arbeitsweise eines Fotografen bei Aufnahme und Wiedergabe entsprechend berücksichtigt wird.
Hier soll beschrieben werden, wie man die Meßmöglichkeiten des Splitgrade Controllers zweckmäßig einsetzt, um die effektive Filmempfindlichkeit und die optimale Entwicklungszeit zu bestimmen.
Zum besseren Verständnis wird das Verfahren erst beschrieben und dann an Beispielen erläutert.
1.1 Das klassische Verfahren
Dem interessierten Anhänger der Schwarz-Weiß-Fotografie stellt sich früher oder später die Frage, ob das Selbstentwickeln und Vergrößern nicht doch die befriedigenderen Ergebnisse bringt. Das war in der Vergangenheit für viele der Anlaß, in die Selbstverarbeitung einzusteigen. Die nächsten Schritte sind dann: Film, Entwickler, Stopbad, Fixierer und die für die Entwicklung notwendigen Utensilien erwerben und dann den Film nach Herstellerangaben belichten. Auch die Entwicklung erfolgt dann in der Regel nach den Angaben auf dem Beipackzettel des Entwicklers. Die erste Erfahrung ist, daß das Ergebnis meist schon jetzt besser ist als die Ergebnisse aus einem üblichen Labor.
Beflügelt durch dieses erste Erfolgserlebnis sucht man über kurz oder lang nach weiteren Verbesserungsmöglichkeiten. Jetzt startet der Kreislauf zur Optimierung der Bildergebnisse. Benötigt man beim Vergrößern überwiegend höhere Papiergradationen als Nr. 3, verlängert man die Filmentwicklungszeit. Werden überwiegend Papiergradationen kleiner als Nr. 2 eingesetzt, muß die Filmentwicklungszeit verkürzt werden.
Sind im Negativ die Schatten ohne Struktur, muß der Belichtungsmesser bei der Aufnahme nach niedrigeren Empfindlichkeiten korrigiert werden; sind die Schatten zu dicht, erfolgt die Korrektur in die andere Richtung.
Auf diese Weise arbeitet man sich auf eine Film-/Entwicklerkombination ein. Ausgangspunkt dabei war die Annahme, daß die jeweiligen Herstellerangaben brauchbare Startwerte liefern (dies ist auch meist der Fall). Der Vorteil dieses Vorgehens ist, daß man keine spezialisierten Meßgeräte benötigt und seine Materialien recht gut kennenlernt, d.h. Erfahrungen sammelt. Der Nachteil ist, daß man, entsprechend der eigenen Lernkurve, einige Durchläufe benötigt, um ein zufriedenstellendes Qualitätsniveau zu erreichen.
1.2 Einsatz des Splitgrade Controllers
Das eben beschriebene klassische Verfahren für den Amateur ist in den Augen vieler ein unverzichtbarer Schritt, um auf der eigenen Lernkurve in die interessanten Bereiche vorzustoßen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt beginnt man, sich Gedanken darüber zu machen, wie man das oben beschriebene klassische Verfahren abkürzen kann. Man erwägt, in einen Splitgrade Controller zu investieren, um den Printvorgang deutlich zu beschleunigen. Die verfügbaren Unterlagen und Erfahrungsberichte zum Splitgrade Controller legen ja genügend dar, wie das Printen stark beschleunigt wird. Eventuell möchte man auch mal eine andere Film-/Entwicklerkombination benutzen (Filme mit höherer oder niedriger Empfindlichkeit, Spezialentwickler usw.).
Hat man sich zum Erwerb eines Splitgrade Controllers entschlossen, dann ist aber auch der Zeitpunkt gekommen, an dem der Splitgrade Controller für das Eintesten einer Film-/Entwicklerkombination zum Einsatz kommen kann. Dieser Beitrag schildert, wie man die damit neu gewonnen meßtechnischen Möglichkeiten nutzen kann, objektive Anhaltspunkte zu finden, um den klassischen Prozeß der Optimierung abzukürzen.
Hier muß noch einmal explizit darauf hingewiesen werden, daß in dieser Anleitung davon ausgegangen wird, daß alle erforderlichen Maßnahmen zur Unterdrückung von Streulicht aus dem Vergrößerer schon getroffen wurden. Vorhandenes Streulicht in der Dunkelkammer beeinflußt die Messung des Kontrastumfangs. Beim Vergrößerer des Autors mußten Bildbühnen mit Karton und schwarzem Isolierband abgeklebt werden. Aber es gibt noch andere mögliche Quellen von Streulicht. Streulicht führt zu einer Gradationsbeugung der Vergrößerungen und ergibt sichtbare Beeinträchtigungen der Bildqualität. Dieses Thema wird speziell in [3] behandelt.
1.2.1 Einfaches Verfahren
Der Kern unserer Betrachtungen hier und im Folgenden ist die Anzeige des lgD-Wertes, die der Splitgrade Controller nach einer Messung am Negativ ermittelt hat. Mißt man nach Anleitung ein Negativ in der Bildbühne des Vergrößerers mit der Splitgradesonde aus, wird am Ende der Messung, neben anderen Werten, ein lgD-Wert angezeigt (Dichtedifferenz). Dieser Wert ist ein Maß für den Kontrastumfang des Negativs in der in der Sensitometrie üblichen Einheit. Mit einem lgD-Wert von etwa 1 läßt sich ein Negativ optimal auf ein Papier der Gradation 2,5 bis 3 printen. Optimiert man jetzt die Entwicklungszeit so, daß dieser lgD-Wert =1 für die meisten Negative eines Films etwa erreicht wird, ist man mit Hilfe der Messungen des Splitgrade Controllers schon ein gutes Stück weiter gekommen. Die Bestimmung der Filmempfindlichkeit muß allerdings, wie oben beschrieben, weiter am Negativ nach Sicht erfolgen (mit den damit verbundenen Unsicherheiten).
1.2.2 Splitgrade als Ersatz für ein Durchlichtdensitometer
Im Internet und in der einschlägigen Literatur existieren eine Vielzahl von Anleitungen, wie man mit einem Densitometer eine Film-/Entwicklerkombination eintesten kann (Stichwort Zonensystem). Für eine kleine Auswahl an Quellen siehe Abschnitt 2. Im Folgenden wird ein effektiver und praktischer Weg aufgezeigt, der unter Verwendung des Splitgrade Controllers schnell zum Ziel führt.
Ziel ist es, die effektive Empfindlichkeit des Films zu bestimmen und die dazu passenden Parameter für die Entwicklung festzulegen.
Das Verfahren basiert darauf, daß an den kritischen Stellen nicht nur eine Messung stattfindet. Die stets möglichen Ungenauigkeiten würden sonst die Zuverlässigkeit des Verfahrens stark einschränken. Der Autor orientierte sich dabei an den Verfahrensweisen von [3] und [4] und geht davon aus, daß die Grundlagen zum Thema Schwärzungskurve bekannt sind (siehe z.B. [7]).
Die Ansätze nach [1b] und [2] mit der Aufnahme der gesamten Schwärzungskurve mit 11 Meßpunkten haben sich für unseren Fall als nicht ganz ausreichend erwiesen, da hier die Filmempfindlichkeit nicht genau genug bestimmt werden konnte. Im hierfür kritischen Bereich liegt nur ein Meßwert. Die absoluten Meßfehler können für niedrige Dichten zu recht hohen prozentualen Fehlern führen. Die Aufnahme der gesamten Schwärzungskurve gibt Aufschluß über bestimmte Eigenschaften der eingesetzten Film-/ Entwicklerkombination. Hier ist z.B. die Kurvenform (normal, S-förmig, aufsteigend) interessant oder der Kurvenverlauf für die höheren Zonen (größer VIII, Ausgleichsentwicklung).
Tabelle 1: Zonentabelle für einen Film ISO 100/21° für Belichtung mit Graukarte
Für den Test wird eine "Graukarte" formatfüllend mit einem leichten Teleobjektiv aufgenommen (Entfernungseinstellung auf unendlich). Tabelle 1 gibt an, wie der Belichtungsmesser an der Kamera oder der externe Belichtungsmesser einzustellen ist, um eine entsprechende Belichtung eines Negativs für den gewünschten Grauwert zu erreichen. Die Filmempfindlichkeit ist so definiert, daß bei Zone I ein vorgegebener Grauwert erreicht wird. Die Entwicklungsparameter (i.a. die Entwicklungszeit) müssen so gewählt werden, daß in Zone VIII ein lgD-Wert von etwa 1,29 erzielt wird. Hierbei wird die Tabelle mit den Normdichten nach [5] zugrundegelegt. D.h., die Meßwerte im Bereich der Zone I sind sehr kritisch (Meßgenauigkeit). Auf Grund des hohen absoluten Wertes sind die Messungen in Zone VIII nicht ganz so kritisch (Maßnahmen gegen Streulicht wurden ja schon durchgeführt). Die in Tabelle 2 vorgeschlagene Belichtungsreihe hat sich für einen 100er –Film bewährt (Dabei bedeutet I-1: Belichtung wie Zone I minus 1 DIN). Mit der abschließenden Aufnahme eines Testmotivs hat man gleich ein entsprechend belichtetes Negativ für einen Testprint.
Tabelle 2 : Belichtungsplan für Film mit ISO 100/21°
Entsprechend der Bedeutung der kritischen Punkte der Schwärzungskurve wurde die Zahl der Belichtungen um Zone I entsprechend höher gewählt. Wenn der Film nach dem obigen Belichtungsplan belichtet wurde, wird er entwickelt und mit dem Splitgrade Controller ausgewertet. Mit einem Kleinbildfilm mit 36 Bildern lassen sich so zwei Tests durchführen.
1.3 Praktische Durchführung
Für einen Test empfiehlt sich ein Kleinbildfilm. Die Ergebnisse lassen sich im Großen und Ganzen dann auf eine andere Kameraausrüstung übertragen, wenn man zuvor sichergestellt hat, daß die verschiedenen Belichtungsmesser dieselben Werte liefern. Die Punkte 1.3.1 bis 1.3.3 müssen eventuell mehrfach durchlaufen werden, bevor die richtige Filmempfindlichkeit mit den zugehörigen Entwicklungsparametern bestimmt ist. Ein plausibler Startwert für Filmempfindlichkeit und Entwicklungszeit kürzt den Prozeß deutlich ab. Normalerweise sind nach spätestens drei Durchläufen effektive Empfindlichkeit und Entwicklungszeit bestimmt.
1.3.1 Belichten
Man nimmt eine Graukarte DIN A4 (ein Karton mit gleichmäßiger Oberfläche reicht wahrscheinlich auch aus) und stellt diese bei Tageslicht so auf, daß die gesamte Fläche gleichmäßig ausgeleuchtet ist (weiße oder graue Seite nach Wahl). An der Kamera mit einem leichten Tele (für KB z.B. 90mm, Gegenlichtblende) wird die Entfernung auf unendlich gestellt und die Graukarte wird formatfüllend nach Belichtungsplan Tabelle 2 aufgenommen. Die Aufnahmedaten sollten protokolliert werden. Das erleichtert bei dubiosen Meßwerten die Fehlersuche. Ein Vorschlag für die Protokollierung ist in der Anlage zu finden. Ein Stativ ist nicht unbedingt erforderlich.
1.3.2 Entwickeln
In der Dunkelkammer wird die entsprechende Länge des KB-Films aus der Patrone gezogen, abgeschnitten und in die Dose eingespult. Ein Holzstab mit einer entsprechenden Markierung hilft hier sehr. Der in der Patrone verbleibende Film kann dann für einen weiteren Test benutzt werden. Der in die Dose eingespulte Film wird nun mit dem gewählten Entwickler nach Herstellerangaben bezüglich Verdünnung, Kipprhythmus, Zeit und Temperatur entwickelt, gestoppt, fixiert und gewässert. Wenn der Film getrocknet ist, kann die Auswertung beginnen.
1.3.3 Auswertung
Die Negative werden jetzt so in die Bildbühne des Vergrößerers eingelegt, daß neben dem grauen Feld der Steg zwischen zwei Bildern sichtbar ist. Am besten ist eine glaslose Bildbühne mit Maskenbändern geeignet. Der Splitgrade Controller wird auf "Mehrpunktmessung" umgeschaltet. Jetzt wird mit der ersten Messung auf den Steg gemessen und mit der zweiten Messung in der Mitte der Projektion auf die graue Fläche (Abbildung der Graukarte). Die Helligkeitsdifferenz wird als lgD-Wert angezeigt und im entsprechenden Feld des Formulars notiert. Damit hat man die Dichte über Schleier bestimmt. So wird dann eine Aufnahme der Graukarte nach der anderen vermessen und die Meßwerte werden notiert. Dabei sollte man darauf achten, daß die Negative möglichst im Zentrum der Abbildung der Graukarte vermessen werden. Bei der Messung auf die hohen Dichten (größer etwa lgD=0,7) muß bei Messung auf die Mitte des Negativs der Meßbereich unbedingt maskiert werden. Sonst kommt vom Rand her Helligkeit durch den Filmträger in den Meßbereich und diese verfälscht dann das Ergebnis. Ein zweiter Meßdurchgang mit denselben Negativen schließt einen Teil der Meßfehler aus.
Das Feld mit einem lgD-Wert von 0,10 bis 0,12 gibt die erzielte Filmempfindlichkeit an. Mit dem Zonenschieber läßt sich dann feststellen, ob und wie die Entwicklungsparameter optimiert werden müssen (Normwerte nach [5]; diese Werte sind nicht eindeutig definiert. Einige Autoren schlagen abweichende Werte vor, speziell für Zone I leicht höhere Werte). Der Zonenschieber ist in einer Exceltabelle abgebildet. Einen Ausschnitt zeigt Tabelle 3. Der Zonenschieber geht weiter bis Feld 36 (Zone XII) mit den lgD-Werten aus [5].
Tabelle 3: Zonenschieber (Ausschnitt)
Die erste Spalte ganz links enthält die Bezeichnung für die einzelnen Datenzeilen (Feld1, Zone, .....). Zur Auswertung werden die gemessenen Werte für die Felder in der Zeile "Werte" eingetragen. Dann wird der untere Teil des Zonenschiebers (unterhalb des dicken schwarzen Strichs in Tabelle 3) so verschoben, dass in der Zeile "Wert" ein Meßwert mit 0,10 bis 0,12 unterhalb von Zone I steht. Das kann man entweder erreichen, indem man den Zonenschieber ausdruckt und mit der Schere längs der schwarzen Linie auftrennt und entsprechend verschiebt, oder man entfernt oder ergänzt in der Tabellenkalkulation in den beiden unteren Zeilen eine entsprechende Zahl von Zellen. Die Auswertung kann dann anhand der grafischen Darstellung überprüft werden. Ein Ergebnis könnte so aussehen Tabelle 4 / Tabelle 5.
1.3.4 Praxis
Ein Eintesten einer schon benutzten Film-/Entwicklerkombination ist für den Anfang zu empfehlen. Man bekommt ein recht gutes Gefühl dafür, ob die gemessenen Werte plausibel sind. Ziel ist es, die effektive Empfindlichkeit des Films und die dazu passenden Entwicklungsparameter zu bestimmen.
Eine Film-/Entwicklerkombination, die sich leicht steuern läßt, ist APX100 in Rodinal. Dieses Beispiel hat der Autor in der Literatur noch nicht gefunden. Daher war hier der Reiz besonders groß, einmal verwertbare Ergebnisse in Händen zu halten. Der Entwickler Agfa Rodinal bietet neben der Steuerung der Ergebnisse über die Entwicklungszeit auch die Möglichkeit, die Verdünnung zu verändern. Der Entwickler Calbe R09 soll auf einem historischen Rezept von Rodinal beruhen und wurde daher hier zum Vergleich herangezogen.
Bei der Bewertung der Meßergebnisse ist zu beachten, daß die gesamte Kette eine Reihe von möglichen Fehlerquellen enthält. Man sollte nicht erwarten, gleich bei der ersten Nutzung des beschriebenen Verfahrens hochgenaue Ergebnisse zu bekommen. Ein wenig Übung ist schon erforderlich.
1.3.5 Beispiel 1: APX100 - R09 1+50
Beginnen wir mit einem einfachen Beispiel: APX100 in Calbe R09 und den Entwicklungszeiten von Agfa Rodinal laut Herstellerangaben für die Verdünnung 1+50 (17 Min., 20°C, Agfa Kipprhythmus). Die gemessenen Negativdichten werden in den Zonenschieber eingetragen (siehe Tabelle 4). Parallel dazu werden in Excel die Meßwerte im Vergleich zu den Sollwerten grafisch dargestellt.
Tabelle 4: Zonenschieber mit Meßwerten für APX100, R09, 1+50, 17 Min.
Nach der Auswertung sieht der Zonenschieber dann so aus, wie in Tabelle 5 gezeigt. Dabei wurde berücksichtigt, daß einige Autoren für die Zone I auch höhere Werte vorschlagen (z.B. [3] oder [6] Teil 2, Seite 3), und daß die Kombination in der Vergangenheit eine Tendenz zur Unterbelichtung gezeigt hatte.
Tabelle 5: Auswertung für APX100, R09, 1+50, 17 Min.
Die Ergebnisse lassen sich interpretieren wie in Tabelle 5 dargestellt. Diese Interpretation ist plausibel und deckt sich mit den Ergebnissen einer statistischen Auswertung. Das bedeutet, der Belichtungsmesser sollte um –2 DIN korrigiert werden. Diese Berechnung erfolgt so: Es wird eine Spalte ausgewählt => Korrektur = Zahl in Zeile Feld 1 – Zahl in Zeile Feld 2. Die Entwicklungszeit des Films paßt. Denn nach der Korrektur rutscht der ursprüngliche Wert zu Feld 24 (Zeile "Feld2") auf Feld 22 (Zeile "Feld1") und hier stimmen die Dichten. Der Wert zu Feld2 = 15 paßt auch. D.h., die weiteren Filme werden mit einer Belichtungsmessereinstellung von ISO 64/19° belichtet und wie oben entwickelt.
Bemerkungen:
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Der oben beschriebene Test bildete den Abschluß einer frühen Testreihe des Autors. Die Meßwerte zeigen noch eine höhere Streuung als die späteren Tests. Das Beispiel wird hier auch gezeigt, um den Lesern Mut zu machen, mit eigenen Tests zu beginnen und diese dann schrittweise zu verbessern.
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Die erste Entwicklung des APX100 in R09 erfolgte mit den Herstellerangaben für die Verdünnung 1+40 und führte zu sehr dünnen Negativen. Eine Auswertung wäre nur Zeitverschwendung gewesen. Für denzweiten Test wurde die Verdünnung beibehalten und die Entwicklungszeit auf 17 Min. verlängert. Dies ergibt zu dichte Negative. Daraufhin wurde, unter Beibehaltung der Entwicklungszeit, die Verdünnung auf 1+50 erhöht und das oben beschriebene Ergebnis erzielt.
1.3.6 Beispiel 2: APX100 - Rodinal 1+50
Dieses Beispiel beschäftigt sich mit dem Eintesten von APX100 mit Rodinal in der Verdünnung 1+50. Aus den Erfahrungen nach der einfachen Methode aus 1.2.1 war bekannt, dass die Negative etwas dünn, aber noch brauchbar waren. Die typischen lgD-Werte der Negative in einen so entwickelten Film lagen bei etwa 0,8 und reichten bei höheren Motivkontrasten durchaus in den Bereich von lgD=1. Das hatte dann zur Folge, daß häufig mit höheren Papiergradationen geprintet werden mußte. Darüber hinaus bestand die Vermutung, daß die von Agfa angegebene Empfindlichkeit von 23 DIN (siehe [8]) nicht ganz erreicht werden würde. Der Testfilm wurde daher auf Basis der Erfahrungen aus Beispiel 1 mit ISO 64/19° belichtet. Dazu muß das Formular für das Belichtungsprotokoll nach Tabelle 2 entsprechend geändert werden. Die Verdünnung des Entwicklers wurde auf 1+46 verringert und der Testfilm mit derselben Zeit wie vorher entwickelt. Die Ergebnisse sind in Tabelle 6 zu finden.
Tabelle 6: Meßwerte APX100, Rodinal 1+46, 17 Min.
Der untere Teil muß um zwei Felder nach rechts verschoben werden. Dann erhält man das Bild in Tabelle 7. Das bedeutet, der Belichtungsmesser muß um 2 DIN höher auf ISO 100/21° eingestellt werden (für eine ausgewählte Spalte => Korrektur = Zahl von Feld 1 – Zahl von Feld 2). Die Entwicklungszeit paßt. Bei der Auswertung wurde davon ausgegangen, daß der Wert von 1,33 zu Feld2=21 eine Ausreißer ist, d.h., die möglichen Ursachen lassen sich nicht mehr nachvollziehen (Fehlbedienung der Kamera, des Belichtungsmessers, .......).
Tabelle 7: Auswertung APX100, Rodinal 1+46, 17 Min.
Zur Kontrolle wurde jetzt ein Film mit normalen bildmäßigen Motiven und 4 Aufnahmen der Graukarte belichtet. Die Negative mit bildmäßigen Motiven auf dem so belichteten und entwickelten Film lieferten im Mittel einen lgD-Wert von etwa 1. Abweichungen hatten ihre Ursache offensichtlich in den unterschiedlichen Kontrastverhältnissen der verschiedenen Motive. Die Ergebnisse der Aufnahmen der Graukarte sind in Tabelle 8 dargestellt. Die Übereinstimmung der gemessenen Werte mit den Normwerten lgD ist überzeugend.
Tabelle 8: Kontrollaufnahmen APX100, Rodinal 1+46, 17 min.
1.3.7 Bemerkung
Die beschriebenen Beispiele wurden mit der Ausrüstung des Autors erzielt. Im Vergleich zu einem Eintesten mit einem Densitometer wird bei dem oben beschriebenen Verfahren der Vergrößerer und die Dunkelkammerumgebung mit in den Test einbezogen.
Es ist bekannt, daß sich die Ergebnisse wegen vieler individueller Einflußgrößen nicht ohne weiteres übertragen lassen.
Die Testergebnisse bestätigen die Aussage in [5], daß die effektive Empfindlichkeit in vielen Fällen etwa 2 DIN unter den Herstellerangaben liegt.
1.4 Schlußbetrachtung
Der Prozeß des Eintestens wird von den verschiedensten Fehlern beeinflußt. Hier einige Überlegungen zur erreichbaren Genauigkeit und weiteren Optimierung der Tests.
Gleichmäßigkeit der Entwicklung, Lichtabfall: Es ist bekannt, daß bei der üblichen Entwicklung durch Kippen oder Rotation die Negative nicht an allen Stellen vollkommen gleichmäßig entwickelt werden [9]. Bei normalen Motiven fällt das nicht sonderlich auf. Bei Aufnahmen der Graukarte lassen sich diese Effekte aber leicht meßtechnisch nachweisen. Hinzu kommt in vielen Fällen durch das Objektiv ein Lichtabfall zum Rand hin. Daher ist es ganz wichtig die Belichtung auf das Zentrum der Graukarte vorzunehmen und diesen Bereich dann bei der Auswertung der Negativdichten auszuwählen.
Vergleichsmessungen: Die Testnegative wurden mit unterschiedlichen Meßgeräten ausgewertet. Neben dem Splitgrade Controller waren es zeitweise ein Heiland Densitometer, ein X-Rite Farb-Densitometer und ein FEM Kunze Analyser CFL 4012. Wichtig ist, daß bei allen genannten Geräten vor der Auswertung der Negativstreifen die Kalibrierung mit den entsprechenden Testnegativen überprüft wird. Ergebnis: Die Meßwerte sind im Rahmen der Meßgenauigkeit vergleichbar. Allerdings muß beim Messen mit dem Splitgrade Controller bei der Messung auf die Mitte des Negativs (bei Dichten größer etwa lgD=0,7) der Meßbereich unbedingt maskiert werden. Sonst kommt vom Rand her Helligkeit durch den Filmträger in den Meßbereich und diese führt dann zu scheinbar verminderten Dichten und damit zu verlängerten Entwicklungszeiten.
Meßgenauigkeit eines Densitometers: Das Densitometer X-Rite 811 wird zur Prozeßkontrolle in professionellen Laboren eingesetzt und hat eine Genauigkeit für die Wiederholbarkeit der Messung von ±0,01 lgD und eine absolute Meßgenauigkeit von ±0,02 lgD. Daher ist es empfehlenswert im Bereich der Zone I dicht liegende Meßpunkte zu haben, um die Empfindlichkeit der Film-/Entwicklerkombination zuverlässig bestimmen zu können.
Verschlußzeiten: Die meisten Testbelichtungen wurden mit einer Kamera mit TTL-Messung (Nachführmessung) durchgeführt. Dabei wurde die Belichtungszeit für alle Testbelichtungen möglichst beibehalten. Bei einer gewählten Verschlußzeit läßt sich die Blende stufenlos ändern. Am Anfang und Ende der Belichtungsreihen sind aber oftmals abweichende Belichtungszeiten erforderlich. Ein Wechsel der Verschlußzeiten führte zu einem manchmal deutlich erkennbaren "Sprung" in der Kurve. Diesen Effekt kann man eliminieren, indem man eine Belichtungsreihe mit den verschiedenen Verschlußzeiten macht (Graukarte auf Zone V bei verschiedenen Verschlußzeiten belichten) und die Dichten auswertet. Ausgehend von einem Mittelwert kann man dann für jede Verschlußzeit prozentuale Korrekturen bestimmen und bei der Auswertung mit berücksichtigen. Die charakteristischen Kurven werden dadurch merklich glatter.
Alternativen zur Ablichtung einer Graukarte: In vielen Fällen kann man Belichtungsreihen mit einer Graukarte nur bei schönem Wetter im Schatten aufnehmen. Da möchte man meist aber lieber Fotografieren als Testfilme belichten. Um vom Wetter unabhängiger zu werden, ohne die erprobte Testprozedur aufgeben zu müssen, gibt es zwei Möglichkeiten:
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Mattscheibe: Vor das Objektiv wird eine Mattscheibe gesetzt und gegen den bedeckten Himmel fotografiert. Die praktische Ausführung könnte so aussehen: Adapter für das Frontgewinde des Aufnahmeobjektiv nehmen (z.B. bei Frontgewinde 46mm ein Adapter 46/49 mm). In den Adapter wird ein mattes Papier aus dem Zeichenbedarf (stärker als Butterbrotpapier) eingeklebt und die Mattscheibe ist fertig. In das Frontgewinde des Adapters lassen sich dann bei Bedarf noch entsprechende Graufilter einsetzten. Auf diese Weise ist der Testfilm zügig belichtet und die Ausleuchtung sehr gleichmäßig (vielen Dank für die Idee an Rolf H. Funke). Meist kann so der gesamte Testfilm mit einer festeingestellten Verschlußzeit belichtet werden.
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Leuchtkasten: Statt der Graukarte wird ein Leuchtkasten mit Normlicht aufgenommen. Die Ergebnisse hängen sehr vom verfügbaren Leuchtkasten ab. Die Ausleuchtung kann sehr ungleichmäßig sein (z.B. deutlicher Anstieg der Dichte zum Rand hin). Hier sind eigene Tests zur Prüfung der Ausleuchtung unabdingbar.
Bevor man eine dieser Alternativen dauerhaft einsetzt, sollte man die Ergebnisse mit denen der Graukarte vergleichen.
Systematische Fehler: Hierzu zählen Fehler, die man nur durch Vergleich mit Testergebnissen von anderen Fotografen erkennen kann. Ein Beispiel ist, wenn das Thermometer konstant um einen festen Betrag von der tatsächlichen Temperatur abweicht. Solange ein Fotograf immer mit demselben Thermometer arbeitet, wird er konsistente Ergebnisse erhalten. Diese Fehlerklasse muß aber betrachtet werden, wenn man z.B. Empfindlichkeit und Entwicklungszeiten mit anderen Fotografen austauschen möchte.
Viel Erfolg
Dr. Otto Beyer
2 Literatur und Links
[1a] Durchlicht Densitometer selbstgebaut
http://www.norberthein.de/tools/densi/densi.htm
Siehe auch Foto-Hobbylabor 3/87 Seite 20 und 4/87 Seite 12
[1b] Schwarzweiß - Filmeintesten leichtgemacht
http://www.norberthein.de/tools/zone/zone.htm
[2] Tom Striewisch: Der große Humboldt Fotolehrgang
ISBN: 3-89994-017-2
[3] Andreas Weidner: Perspektive Fine-Art
ISBN: 3895061980
http://www.andreasweidner.com/
[4] Ansel Adams: Das Negativ
ISBN: 3884720716
http://www.zpub.com/sf/history/adams.html
[5] Ralph W. Lambrecht & Chris Woodhouse: Way Beyond Monochrome
ISBN: 0 86343 354 5, 2. Auflage ISBN: 978-0-240-81625-8
Tabelle mit Negativ- und Print-Dichten:
http://www.darkroomagic.com/DarkroomMagic/Darkroom_files/RegularDensities.pdf
[6] Harald Furche - Meisterkurs Zonensystem: (1) (2) (3) (4) (5) (6)
[7] Dr. Roland Mühler: Physikalische und technische Grundlagen der Fotografie (Vorlesungsskript)
https://web.archive.org/web/20050530035228/
[8] Agfapan APX Professional Schwarz-/Weiß-Film - Datenblatt
http://www.agfaphoto.com/appc/_upload/2008_36/Datenblatt_F_PF_D4.pdf
[9] Richard J. Henry: Controls in Black and White Photography, Second Edition 1988, corrected Reprint
Bedanken möchte ich mich bei Hr. Dirk Köppen, der mir für Vergleichsmessungen sein FEM Kunze CFL 4012 leihweise zur Verfügung gestellt hat. Hr. Willi Morali hat zum Vergleich einige Negative mit seinem Densitometer ausgemessen. Auch ihm vielen Dank.
3 Anhang – Tabellen und weiteres Beispiel
Download <Beitrag>
Download <Excel-Tabelle>
Download <Zonenlineal>
Download <Beispiel 3 - APX400 in Microdol 1+3>
Eine Excel-Tabelle für eine stärker automatisierte Auswertung der Tests ist in der Kurzanleitung zu finden.
3.1 Erläuterungen zur Excel-Tabelle:
Die beigefügte Exceltabelle enthält drei Tabellenblätter. Die Tabellen sind so einfach gehalten, daß keine tiefen Excelkenntnisse notwendig sind, um die Tabelle für die Auswertung zu nutzen. Die Tabelle läßt sich natürlich den individuellen Bedürfnissen dadurch leicht anpassen.
Tabellenblatt 1 "Normtabelle1"
Dieses Tabellenblatt enthält die Darstellung der Negativdichten gemäß [5] und dient nur zur Veranschaulichung der dort aufgeführten Dichten. Dies ist die Soll-Kurve für eine Normal-Entwicklung.
Tabellenblatt 2 " Auswertung"
Dieses Tabellenblatt enthält ein Beispiel für eine Auswertung. Die tabellarische Auswertung wird im Beitrag beschrieben.
Die grafische Darstellung ist nicht zwingend notwendig aber recht anschaulich. Wenn die Auswertung in den Zeilen 7 bis 11 der Tabelle abgeschlossen ist, kann man mit der Excel-Standardfunktion "Einfügen – Diagramm" die unter der Tabelle gezeigte Abbildung erzeugen. Dazu werden zwei Datenreihen ausgewählt: Reihe 1 – Zeile 9 (lgD); Reihe 2 – Zeile 10 (Werte). Man kann die verwendeten Einstellungen sehen, wenn man den Kursor in das Diagramm stellt, die rechte Maustaste drückt und "Datenquelle" wählt. Wenn man das Diagramm erzeugt, benutzt man der Einfachheit halber erst nur Reihe 1. Im erzeugten Diagramm kann man dann Reihe 2 hinzufügen. Nach einer Auswertung mit neuen Werten kann man die Anzeige anpassen, indem man nur die der "Reihe 2" zugeordneten Werte anpaßt. Dieser letzte Schritt ist notwendig, wenn sich im Rahmen der Auswertung Verschiebungen von Zeilen 10 und 11 gegenüber den darüberliegenden Zeilen ergeben.
Tabellenblatt 3 "ASA-DIN"
Dieses Tabellenblatt enthält zur Information die bekannte Reihe der ISO-Werte in ganzen und drittel Blendenschritten.
3.2 Beispiel 3: APX400 in Microdol-X 1+3
Hier wird als Beispiel aus einer Testreihe der Test Nr. 2 für die Kombination APX400 in Microdol-X 1+3 gezeigt. Die Tabelle enthält 3 Blätter. Das Blatt "Messung" ist das Deckblatt und enthält die Aufnahmedaten und die Meßwerte. Mit den Meßwerten der Dichte über Schleier in der Spalte "lgD-Wert" erfolgt die Auswertung.
Das Tabellenblatt "Darstellung" übernimmt automatisch die lgD-Werte vom ersten Tabellenblatt und stellt diese Werte grafisch dar. Die Kurvenform kommt der Normkurve sehr nahe.
Im Tabellenblatt "Auswertung" wird die Bewertung der Meßergebnisse dargestellt. Die effektive Empfindlichkeit ist 23 DIN (eine Zelle gelöscht). Die Entwicklungszeit paßt. Die Kurve stimmt mit der Soll-Kurve sehr gut überein. Mit zwei Testdurchgängen sind damit die gesuchten Parameter bestimmt.