8 Korrigieren von stürzenden Linien
8.1 Bei Vergrößerungsgeräten ohne Möglichkeiten einer Kopf- oder Objektivschwenkung
8.2 Bei Vergrößerungsgeräten, wo das Objektiv geschwenkt werden kann
8.3 Bei Vergrößerungsgeräten, wo sowohl der Kopf als auch getrennt das Objektiv geschwenkt werden kann
TERRY SCHAEVEN
Stand 04/2008
8 Korrigieren von stürzenden Linien
Hat man bei der Aufnahme die Kamera nach oben oder unten geneigt, so laufen nach dem Gesetz der Zentralperspektive die senkrechten Kanten im Bild nach oben oder unten zusammen und führen nicht mehr parallel. Es gibt Fälle, in denen solche Verzeichnungen erwünscht oder sogar absichtlich hergestellt werden. Bei Architekturaufnahmen aber möchte man doch die stürzenden Linien gerade und parallel haben. Für Großformatfotografen ist dies kein wirkliches Thema. Durch Gewährleistung einer senkrechten bzw. parallelen Stellung der Filmebene zum Aufnahmeobjekt und durch eine Verschiebung der Frontstandarte oder auch der Rückstandarte können später notwendig werdende Entzerrungen vermieden werden. Für Kleinbild- und Mittelformatkameras gibt es auch so genannte "Shiftobjektive" deren Verstellbarkeit aber meist bei 10 oder 15mm endet und somit nicht für alle Gegebenheiten ausreichend verstellt werden können.
Es gibt grundsätzlich mehrere Möglichkeiten der Korrektur mit dem Vergrößerungsgerät, abhängig davon, welche Verstellmöglichkeiten das Gerät bietet.
8.1 Bei Vergrößerungsgeräten ohne Möglichkeiten einer Kopf- oder Objektivschwenkung
Das einfache Entzerren im Vergrößerungsgerät geschieht durch Anheben des Vergrößerungsrahmens an der Seite, an der die senkrechten Linien auseinander gehen. Praktisch ist dies nichts weiter als ein stärkeres Vergrößern der Gegenstände, die sich bei der Aufnahme weiter weg befanden. Durch das Anheben des Rahmens sind zwar die stürzenden Linien verschwunden, aber die Schärfe ist aus Tiefenschärfengründen ungleichmäßig.
Ebenfalls erfolgt in dem Bereich, wo angehoben wird eine "Ausschnittvergrößerung", d.h., es gehen seitlich Bildteile verloren. Deshalb muss hier noch genug Reserve im Bild vorhanden sein, was ggf. schon bei der Aufnahme berücksichtigt werden sollte.
Man stellt nun bei dem schräg liegenden Rahmen genau wie bei der Aufnahme auf die untere Kante des oberen Drittels die Schärfe ein und blendet so weit ab, bis oben und unten alles scharf erscheint. Bei starker Entzerrung reicht allerdings auch die kleinste Blende nicht mehr aus, um das ganze Bild scharf zu bekommen. Hier sind die Grenzen für ein Vergrößerungsgerät ohne Verstellmöglichkeiten erreicht.
Man bedenke hierbei auch, dass ein extremes Abblenden durch Beugung des Lichts an den Objektivlamellen die Bildqualität negativ beeinflusst.
8.2 Bei Vergrößerungsgeräten, wo das Objektiv geschwenkt werden kann
Hier erfolgt eine Kombination aus angehobenem Vergrößerungsrahmen wie unter 8.1 und einer Objektivschwenkung nach Scheimpflug.
Wenn eine getrennte Objektivschwenkung beim Vergrößerungsgerät möglich ist, kann das Negativ ohne Verschwenkung verbleiben und nur das Objektiv wird nach der Scheimpflugschen Regel in die gleiche Richtung, jedoch nicht so stark geneigt wie der Vergrößerungsrahmen.
Die Ebenen bzw. verlängerte Linien von Vergrößerungskassette, Objektivfront und Negativebene sollen sich in einem Punkt treffen, um die Scheimpflugschen Regeln zur Geltung zu bringen. Hierzu stellt man sich in etwas Abstand zum Vergrößerungsgerät und betrachtet die Ebenen.
Anschließend stellen wir die Schärfe nach und blenden ab, bis alle Teile des Bildes scharf erscheinen. Ist die Objektivschwenkung richtig erfolgt, sollte bei moderater Abblendung schon eine Schärfe über das ganze Bild möglich sein.
Das Verschwenken des Objektivs kann jedoch andere Probleme mit sich bringen, dann nämlich, wenn sein Bildkreis nicht ausreicht, um so weit zu verschwenken, wie die Schärfenwiedergabe es erfordern würde. Hier hilft dann die Verwendung eines Objektivs mit längerer Brennweite und entsprechend größerem Bildkreis.
Auch hier sollte die Scharfstellung auf etwa 1/3 von dem angehobenem Bildrand erfolgen und dann entsprechend abgeblendet werden.
8.3 Bei Vergrößerungsgeräten, wo sowohl der Kopf als auch getrennt das Objektiv geschwenkt werden kann
Bei der Möglichkeit der Schwenkung von Negativebene und Objektivebene kann der Vergrößerungsrahmen plan auf dem Grundbrett liegen bleiben und braucht nicht angehoben zu werden.
Hier ist dann zunächst der Vergrößerungskopf mit der Negativebene soweit zu schwenken, bis eine Entzerrung erfolgt ist. Danach ist dann das Objektiv wieder nach der Scheimpflugschen Regel in der Richtung des Grundbretts zu schwenken, bis sich die verlängerten Linien von Vergrößerungsrahmen, Negativebene und Objektivebene in einem imaginären Punkt treffen. Danach stellen wir wieder die Schärfe nach und blenden ab. Auch hier müsste nach einer moderaten Abblendung sich eine Schärfe über das gesamte Bild ergeben.
Auch hier ist der Bildkreis zu prüfen und ggf. mit einem Vergrößerungsobjektiv längerer Brennweite zu operieren.
Bei der Entzerrung muss man übrigens auch an der entfernten Seite des Bildes etwas Nachbelichten, weil sie sonst heller kommt. Dies ist jedoch recht einfach zu bewerkstelligen, indem man mit einen Karton über das Bild während der erforderlichen Nachbelichtungszeit "fährt" mit kürzerer Verweildauer in der Mitte und längerer Verweildauer am Ende.